35 Grad im Büro, die Haut klebt am Lederimitat des Sessels, über Schweißflecken am Hemd macht man sich schon seit Stunden keine Gedanken mehr. Der Kollege nebenan hat sich irgendwo einen Ventilator der Ära Spät-Siebziger organisiert und zieht das nervtötende Klappern der Rotorschaufeln am Blechgehäuse Dehydrierung und Hitzekollaps vor. Das Kommentare-Schreiben wird dadurch aber auch nicht einfacher. Erschwerend wirkt sich außerdem die nachlassende Hand-Augen-Koordination aus, wenn die leuchtend weißen Buchstaben der Tastatur im Hitzeflimmern verblassen. (Nebenbei: Ja, ich schreibe nach wie vor im Adler-Suchsystem mit maximal vier Fingern und komme seit einem Jahrzehnt blendend damit zurecht)
Nicht einmal das Telefon läutet. Den ganzen Tag schon nicht. Nicht. Ein. Einziges. Mal. Auch die Kollegen sind verdächtig ruhig, nicht einmal die üblichen Aufschneider-Geschichten von diversen wochenendlichen Schandtaten werden breitgetreten. Seltsam. Es ist so ruhig, ich höre schon das Blut in meinem Kopf rauschen. Außer wenn ich tippe, das ist aber schon das einzige Geräusch. Es lenkt aber immer nur kurz ab, denn zur leidenden Hand-Augen-Koordination kommt noch zerebrale Trägheit hinzu.
870 Zeichen soll mein Kommentar haben, eigentlich gar nicht viel - das sind etwa sieben bis acht wohlformulierte Sätze - oder eben 14 bis 16 in hitzebedingter Stammelsprache. Schon die Themensuche ist schwierig: Einen Kommentar über die Hitze zu schreiben erscheint mir zu billig - schließlich schwitzt ohnehin jeder und der Mehrwert für den Leser hält sich damit in engen Grenzen. Der Gedanke lässt mich aber nicht mehr los, schließlich ist das ein bequemer Fluchtweg des Schreiberlings vor dem weißen Blatt Papier: Schreiben wir doch einen Kommentar wie sehr uns das Kommentare Schreiben gerade schwer fällt, weil Hitze, Schreib- Gedankenblockade und so. Sie wissen, worauf ich hinaus will.
Aber selbst solche billigen Tricks scheinen mir in der Gluthitze am Arbeitsplatz schon unmöglich. Diese 870 Zeichen müssen sich doch füllen lassen. Irgendwie.
Dienstag, 18. Juni 2013
Abonnieren
Kommentare (Atom)
Über mich
Beliebte Posts
-
Freitagabend habe ich unwahrscheinlich viel Zeit. So viel Zeit, dass ich sogar dazu komme meine Online-Kontakte zu pflegen. Das sieht in et...
-
Zu viel Tagesfreizeit macht ja bekanntermaßen kreativ. So kam es gerade zwischen meinen beiden Kollegen und mir zu einer Diskussion über Blo...
-
Es gibt sie tatsächlich: Die Gattung Homo politicus ordinaris. Anders als der Yeti oder der Bigfoot ist dieser aber nicht gänzlich scheu, de...
-
Mein Nachbar ist ein hochpolitischer Mensch und war selbst lange Zeit politisch engagiert - obwohl es seinem Blutdruck bislang nicht allzu ...
-
35 Grad im Büro, die Haut klebt am Lederimitat des Sessels, über Schweißflecken am Hemd macht man sich schon seit Stunden keine Gedanken meh...
-
Hurra, wir haben einen Schuldigen! Die bösen Medien sind also am Rücktritt von Bürgermeister Kurt Strohmayer-Dangl schuld. Weil sie kritisc...
-
Das ist ein Geständnis: Ich bin nach dreijähriger Abstinenz ein Wiederholungstäter. Ja, ich rauche. Und zwar gar nicht so wenig - und wissen...
-
Man soll ja Trolle nicht füttern, sagt eine bekannte Internetweisheit. Heißt auf Deutsch: Ignorier Deppen, die in den verbalen Berserkermodu...
-
Anna und Lukas - so heißen also die beliebtesten Vornamen der Waidhofner. Auch die klassischen Helden aus der Bibel wie Noah, Jonathan und ...
-
Behördliche Briefe sind von Natur aus meist unlustig. Das weiß auch die Post und spielt mit ihren Kunden. Eine Pflanzerei auf vielen Ebenen...